Ungefähr 3/4 aller Probleme mit der Raumakustik liegen im Bassbereich. Eine gute Basswiedergabe zu erreichen ist aufwändig und beansprucht viel mehr Platz als das Optimieren der Nachhallzeit im Mittelhochtonbereich. Die Begründung dafür liegt in den größeren Wellenlängen und dem höheren Energiegehalt von tiefen Tönen. Schränke und Kommoden können zwar eine Linderung des Problems schaffen, es jedoch nicht beseitigen. Im Gegensatz zum Mittelhochtonbereich, besteht im Bassbereich durch zusätzliche Bassabsorber nur sehr geringe Gefahr einer Überdämpfung.
Für die Nachhallzeiten bei den tiefen Frequenzen - und damit auch das typische Bassdröhnen - sind die sogenannten Raummoden entscheidend (Eigenfrequenzen des Raums - auch stehende Wellen genannt). In den durch Messungen ermittelten Wasserfalldiagrammen zeigen sich Raummoden zum einen mit einer deutlichen Pegelüberhöhung, zum anderen mit einem langen Ausschwingverhalten (modalem Nachklingen) im Zeitbereich. Das lange Ausklingen wird häufig als noch störender als die Pegelüberhöhung wahrgenommen. Vereinfacht gesagt sind Raummoden die Frequenzen, bei denen der Schall im Raum "am liebsten" schwingt. Die einzelnen (Problem-) Frequenzen hängen direkt von der jeweiligen Raumgeometrie ab. Mit Hilfe eines Online-Rechners kann man seine Raummoden einfach herausfinden. Genauer lassen sich die Raummoden durch Messungen oder mit Hilfe der eigenen Ohren & Sinustönen bestimmen. Ungünstig sind Geometrien, bei denen Raumlänge und Tiefe identisch oder ganzzahlige Vielfache voneinander sind. Durch die sich dann überlagernden und somit nochmals verstärkenden Überhöhungen - und Auslöschungen - sind solche Räume nur sehr schwer in einen guten Hörraum zu verwandeln. Ideal für die Raumakustik wäre ein trapezförmiger Grundriss.
Wirklich störend sind jedoch nur die Raummoden, die auch tatsächlich vom Lautsprecher angeregt werden; eine klassische Resonanz. Das Resultat ist das typische Dröhnen im Bass. Einzelne Tonabfolgen werden durch die Überhöhungen vollständig überlagert und sind damit kaum noch wahrnehmbar. In einem unbehandelten Raum befinden sich die Pegelüberhöhungen häufig im Bereich über 12 dB, dies entspricht im Bassbereich ungefähr der dreifachen subjektiv empfundenen Lautstärke. Die Raummoden führen so zu einer Art nachträglichen Filterung. Dieses Verhalten wird auch als die Übertragungsfunktion eines Raumes bezeichnet. Noch störender ist der Effekt der Kolorierung: Einzelne Töne von Instrumenten besitzen immer eine gewisse Frequenzbreite mit einem Maximum bei einer Frequenz. Diese "Maximumfrequenz" wird durch die Filterung des Raums in Richtung der Eigenfrequenz verschoben. Der Raum "verfärbt" den Bass. Oftmals wird darum von einem "one note bass" gesprochen.
In Räumen mit Trockenbauwänden sieht die Ausgangssituation häufig besser aus. Dort fungieren die mitschwingenden Wandflächen als Bassabsorber. Trockenbauwände haben oftmals ein ausreichend gleichmäßiges Absorptionsverhalten. Manchmal absorbieren diese jedoch übermäßig stark, je nach Wandaufbau grob im Frequenzbereich 80 bis 300 Hz. Das Resultat ist dann eine "pappig" klingende zu "dünne" Bass- / Tiefmitteltonwiedergabe ohne ausreichenden "Bassdruck". Gerade in ausgebauten Dachböden kann das ein großes Problem darstellen. In solchen Fällen kann auch mit dem Einsatz zusätzlicher Bassabsorber leider keine gute Raumakustik erreicht werden. Hier ist messtechnische Hilfe bzw. individuelle Beratung anzuraten, schlimmstenfalls wird man um bauliche Maßnahmen nicht herumkommen.
Die Raumecken sollten für Bassabsorber / Bassfallen reserviert werden. Bassabsorber wirken an diesen Stellen am effizientesten, weil sämtliche Raummoden dort ein Maximum besitzen. Je tiefer die zu behandelnde Frequenz ist, desto größer bzw. voluminöser muss auch der jeweilige Absorber werden. Da in den meisten Räumen Platz nur begrenzt vorhanden und entsprechend kostbar ist, sollte auf eine hohe Effizienz eines Bassabsorbers geachtet werden. Die Effizienz hängt zum einen von der Positionierung im Schallfeld ab, zum anderen auch von der Funktionsweise des eingesetzten Bassabsorbers.
Ein empfehlenswerte Vorgehensweise bei dem Verbessern der Raumakustik im Bassbereich ist, nur Raummoden zu behandeln, die auch tatsächlich angeregt werden. Durch geringe Unterschiede in der Aufstellung der Lautsprecher (in Richtung eines Minimums der problematischen Raummode), kann oftmals der Einsatz großer Bassabsorber vermieden, oder zumindest deren Platzbedarf verringert werden. Weiterhin ist es eine Überlegung wert, ob es überhaupt sinnvoll ist Lautsprecher einzusetzen die beispielsweise bereits 30 Hz mit vollen Pegel wiedergeben können, wenn gerade dort eine ausgeprägte Raummode vorhanden ist.
Der Streit um den Einsatz von DSPs / Equalizern gleicht einem Glaubenskrieg.
Im klassischen High End Hifi Bereich ist der Einsatz leider immer noch verpönt; wahrscheinlich beruhend auf früheren schlechten Erfahrungen mit EQs und alten DSPs. Auch ich habe lange eher davon abgeraten.
Insbesondere im Zeitbereich / Phasenverhalten der eingesetzten Filter (für die Homogenität der Musikwiedergabe wichtig) hat sich jedoch enorm viel verbessert.
Bei den Nachhallzeiten / Reflexionen / Ausschwingverhalten handelt es sich um Raumeigenschaften. Eine Verbesserung mit elektronischer "Raumkorrektur" ist hier nur schwer zu erreichen. Die Korrektur sollte möglichst rein auf der digitalen Ebene erfolgen (also ohne eine zusätzliche AD-DA Wandlung).
Prinzipiell kann eine elektronische Filterung des Signals nur eine Symtombekämpfung bzw. der zweitbeste Weg sein. Den akustischen Problemen wird soweit wie möglich aus dem Weg gegangen. Die Ursachen können damit nicht behoben bzw. Raumeigenschaften nicht verändert werden. Der Begriff "Raumkorrektur" ist daher eigentlich irreführend.
Altmodische, analoge Maßnahmen bleiben zwar die qualitativ besten "Klangregler", trotzdem ist der Einsatz moderner DSP-Prozessoren wie Trinnov oder mit der Software Acourate erstellte Filter nahezu unverzichtbar. Aus meiner Erfahrung lässt sich auf eine zusätzliche elektronische Korrektur nur in großen und gleichzeitig extrem aufwändig optimierten Hörräumen komplett verzichten.
Lange Nachhallzeiten bei einzelnen Raummoden sollten mit abgestimmten Bassabsorbern gezielt reduziert werden und passende Absorber & geeignete Diffusoren für die Optimierung des Reflexionsverhaltens zuständig sein. Die Linearisierung des Frequenzgangs sollte jedoch einer guten Filterung überlassen werden. Diese Arbeitsaufteilung ermöglicht sehr häufig erst ein hervorragendes akustisches Ergebnis.
(Anmerkung: im Gegensatz zu einigen Akustikern zähle ich passiv wirkende Resonanzabsorber / Resonatoren nicht zu den aktiven Absorbern)
Eine besonders wirkungsvolle, aktive Absorption im Bass - und ein Vermeiden der Anregung der unteren Quer- und Vertikalmoden - kann mit speziellen Anordnungen mehrerer Subwoofer erreicht werden. Bei einem Double Bass Array (DBA) durchläuft das Basssignal einmal den Hörraum und wird an der Rückwand, durch ein invertiertes Signal abgebende Subwoofer, wieder "aufgesaugt". Für ein DBA werden 4 bis 16 identische Subwoofer benötigt, die zeitlich versetzt angesteuert werden.
Hier sieht man das Wasserfalldiagramm des Aufbaus bei einem Kunden - mit einem 2 x 4 DBA System aus preiswerten aber guten Dayton Chassis, und der in Eigenarbeit umgesetzten Subwoofergehäuse vorne und hinten mit einer Bautiefe von lediglich 20 cm.
Für ein Heimkino ist eine solche Lösung ideal: platzsparend & sehr effektiv.
Relativ neu und für kleine Tonstudios oder Wohnzimmerumgebungen geeignet, sind aktive Bassabsorber. Es wurden bereits gute Erfahrungen im Bereich unter 70 Hz gemacht, bei einem minimalen Platzbedarf. Das gleiche Prinzip wird bei der Tilgung von mechanischen Schwingungen seit langem eingesetzt und beruht im Akustikbereich auf Antischall / Gegenschall - ähnlich wie die bekannten "Noise-Cancelling-Kopfhörer". Ein Mikrofon registriert die Problemfrequenz und gibt dieses Signal gegenphasig an einen aktiven Subwoofer weiter.
Im Unterschied zu einer Filterung wird damit das Ausschwingverhalten im gesamten Hörraum verbessert, der Direktschall bleibt unangetastet. Der Raum muss jedoch für die nicht ganz triviale Einstellung professionell akustisch vermessen werden. Weiterhin sind die momentan erhältlichen (Fertig-) Produkte mit 1900 € und mehr relativ teuer.
Bewährte Praxis im Studiobereich ist eine Mischung aus breitbandig und schmalbandig wirkenden passiven Absorbern. Breitbandig heißt über einen großen Frequenzbereich wirksam, schmalbandig in einem sehr engen Frequenzbereich. Vereinfacht gesagt können breitbandig arbeitende poröse Absorber in ihrem Arbeitsbereich ungefähr einen Schallabsorbtionsgrad von eins erreichen. Der Absorber kann - ab einer gewissen Frequenz - den auf ihn treffenden Schall komplett absorbieren. Die größte Wirksamkeit wird in der Schallschnelle erreicht; direkt an der Wand ist er fast wirkungslos.
Dagegen besitzen schmalbandig wirkende Absorber (Resonatoren) häufig Schallabsorptionsgrade von mehr als zwei, abhängig von der Dämpfung der Resonanz. Ein Resonator kann Schallenergie also auch aus seiner Umgebung "absaugen". Ein solcher Bassabsorber sollte im Druckmaximum platziert werden; optimalerweise in einer Raumkante / Ecke.
Kostengünstig, einfach in der Anwendung und gut für den Selbstbau geeignet sind die - grundsätzlich breitbandig wirkenden - porösen Absorber. Poröse Bassabsorber sollten jedoch mit einer (Holz-) Lattung verkleidet oder mit einer geeigneten Folie beschichtet werden, um nicht ungewollt einen noch besseren Höhen- und Mitten-Absorber im Raum zu installieren.
Für eine ausreichende tieffrequente Wirkung müssen poröse Absorber weit in den Raum hineinreichen (> 0,5 m bis 1 m) und beanspruchen daher viel Platz, weshalb sie für private Hörräume oft als Bassabsorber ausscheiden. Hier gilt tatsächlich mal das Motto: Viel hilft viel. Auf eine ausreichende Hinterlüftung ist im Hinblick auf die Schimmelgefahr zu achten. Poröse Bassabsorber lassen sich einfach herstellen. Dieser online-Rechner hilft bei der Auswahl des passenden Absorbermaterials. Der optimale Strömungswiderstand der Dämmwolle hängt von der Dicke und von dem Wandabstand des Absorbers ab. Das häufig für Bass- Eckabsorber verwendete Basotect ist - bei den in diesem Frequenzbereich erforderlichen Dämmstoffstärken - als Material völlig ungeeignet! Der Schall kann nicht tief genug in das Material eindringen. Einzusetzen ist - bei diesen niedrigen Frequenzen - Mineralwolle mit einem relativ niedrigen längenbezogenen Strömungswiderstand wie Rockwool Sonorock (Baumärkte) oder die ökologische // gesundheitlich unbedenkliche Alternative Caruso ISO Bond.
Mit ungefähr 10 cm baut ein Verbundplattenresonator (VPR) sehr flach, ist aber trotzdem auch unter 100 Hz wirksam. Ein VPR besteht aus einer dünnen Stahlmembran, die fest mit einem porösen Absorbermaterial verklebt ist. Im Gegensatz zu Membranabsorbern (Plattenabsorber // Plattenschwinger) oder Helmholtzabsorbern, eignen sich VPRs wegen ihrer breitbandigen Wirkung jedoch weniger gut als gezielte Maßnahme bei tiefen Frequenzen. Abhängig von der Dämpfung, können Membranabsorber eher schmalbandig oder auch etwas breitbandiger wirken. Sie funktionieren nach dem Feder-Masse Prinzip mit einem geschlossenen Luftvolumen und einer möglichst frei beweglichen Membran.
Selbstbauversuche von schmalbandigen Resonatoren (Helmholtzabsorber & Membranabsorber) mit Hilfe von allgemein bekannten Formeln führen häufig zu Misserfolgen und können sich auch akustisch negativ auswirken. Die für den Resonator berechnete Resonanzfrequenz kann aufgrund zahlreicher Einflussfaktoren immer nur einen groben Orientierungswert darstellen. Jeder Resonator muss deshalb vermessen und seine Resonanzfrequenz entsprechend korrigiert, bzw. auf die jeweilige Problemfrequenz des Raums abgestimmt werden. Auch die Höhe der Dämpfung ist ein sehr wichtiger Parameter der nicht zu hoch oder niedrig sein sollte, um ein zu langes Nachschwingen des Resonators selber zu verhindern.
Wenn überhaupt, werden häufig nur poröse Breitband-Bassabsorber verwendet. Schließlich wird man mit diesem Ansatz auch ohne Messungen schon die problematischen Raummoden treffen. Bedauerlicherweise führt diese Herangehensweise durch die dann notwendige Anzahl / Fläche, zu einem unnötig großen Platzbedarf. Spätestens dann ruft das Projekt "Verbessern der Raumakustik" bei der Partnerin ein gewisses Unbehagen hervor. Zudem besteht auch mit einer Beschichtung die Gefahr ungewollt zu stark im Mitteltonbereich zu absorbieren und dem Raum damit die "Lebhaftigkeit / Dynamik" zu nehmen.
Möglichst präzise auf das System Raum-Lautsprecher abgestimmte, schmalbandig wirkende Bassabsorber / Resonatoren besitzen eine deutlich höhere Effektivität bei der Abstimm-/ Problemfrequenz, also gerade dort wo auch stark absorbiert werden muss. So kann der benötigte Platz für die Bassabsorber stark verringert, der Frequenzgang linearisiert, und ein langes Ausklingen einzelner Raummoden gezielt reduziert werden.
Um das grundlegende Dröhnproblem erst einmal in den Griff zu bekommen, empfehle ich - in Kombination mit breitbandiger Bassabsorption - zu Anfang auf den Hörraum abgestimmte, auch schmalbandig wirkende passive Bassabsorber / Bassfallen einzusetzen. Sowohl mit Membranabsorbern als auch mit Helmholtzabsorbern haben wir gute Erfahrungen gemacht. Die Entscheidung welche der beiden Maßnahmen geeigneter ist, hängt nicht unbedingt von der zu behandelnden Frequenz ab, sondern von der "Schmalbandigkeit" bzw. Güte der zu behandelnden Raummode. Weiterhin sollte zusätzlich (fast immer) auch eine hochwertige elektronische Korrektur erfolgen.