Die Schalldiffusion wird als akustische Maßnahme leider gerne vernachlässigt. Dabei ist Diffusion von der Wirkung und Umsetzung, viel "entspannter" und einfacher, als Absorption. Im Gegensatz zu Absorbern können auch ohne Messungen kaum zu viele Diffusoren verwendet und in Folge dessen Fehler bei der akustischen Optimierung gemacht werden.
Ein Diffusor soll den auftreffenden Schall möglichst gleichmäßig zerstreuen. Obwohl Klangbeschreibungen immer subjektiv sind, erhöhen Diffusoren für viele Hörer die Lebendigkeit und Räumlichkeit. Der Klang wirkt glaubhafter, weicher, natürlicher und weniger "scharf" im höheren Frequenzbereich. Eine möglichst gute Gleichverteilung des Schallfelds bringt das "Analoge" ins Klangbild.
Diffus gestreut besteht der Zeitverlauf des Nachhalls weniger aus einzelnen diskreten / scharfen Reflexionen, sondern aus sehr vielen die gleichmäßig in ihrer Intensität abnehmen. Die entstandene Aufsplitterung der vorher gebündelten Reflexionen hat dabei nur wenig mit der Länge des Nachhalls insgesamt zu tun. Solange ein Diffusor nicht durch poröses Material (z.B. Styropor / EPS) auch als Absorber wirkt, oder durch zu dünnes Sperrholz resoniert, bleibt die Nachhallzeit nahezu unverändert. Gerade dieser Punkt wird bei der Diffusion oft missverstanden:
• Die Basis der Raumakustik bleibt die durch die Absorber gestaltete Nachhallzeit. Die Länge der Nachhallzeit sagt jedoch noch nichts über die Qualität der Zusammensetzung des Nachhalls aus. •
Die Aussage "Das Verhältnis Absorption zu Diffusion muss stimmen" ist ein hartnäckiger Mythos. Da die Absorption begrenzt ist, müsste demnach ja auch die Diffusion begrenzt sein. Für die verbleibenden Flächen wären entsprechend glatte Wände das akustische Optimum! Ein mit vielen diffus streuenden Flächen ausgestatteter Hörraum führt nicht zu einem "diffusem Klangbrei", sondern zu einer gleichmäßigeren Verteilung der Schallintensität im Raum. Diffusoren können - wie ein Lautsprecher - dem Raum auch keine zusätzliche Schallenergie zuführen. Es wird die Qualität des vorhandenen Nachhalls verbessert, die Reflexionen kommen zerhackt und später am Ohr an. Der Effekt einer durch starke diskrete Reflexionen hervorgerufenen falschen Richtungslokalisation (Phantomschallquellen) wird vermindert. Die zeitlich gleichmäßiger abnehmende Nachhallfahne wird als natürlicher und angenehmer empfunden.
Der positive Einfluss auf die Akustik, beruht entsprechend auf Veränderungen im Zeitbereich, der Intensität und der Richtung.
Häufig wird bei Diffusion nur von dem i-Tüpfelchen der Raumakustik gesprochen, was ich für ein Irrtum halte. Nahezu alle Tontechniker bestätigen den positiven Einfluss von Diffusoren und setzen sie gerne ein. Auch klassische Musiksäle sind nicht nur aus optischen Gründen mit zahlreichen Verzierungen versehen. Die „Weiße Haut“ der Hamburger Elbphilharmonie ist ein extrem großflächiger Diffusor und belegt, dass ein solcher Raum auch sehr klar / detailreich / analytisch klingen kann. Eine gute Diffusität eines Hörraums macht für mich ein wirklich entspanntes Musikhören erst möglich. Man trinkt ja auch keinen Gin-Tonic ohne Eis. Eine gute Schalldiffusion halte ich daher zumindest für ebenso wichtig für eine erstklassige Musikwiedergabe wie die Absorption. Nachteilig sind unzweifelhaft die nicht geringen Kosten für gute Diffusoren.
Die verbreitetste Bauweise ist ein sogenannter QRD (quadratic residue diffusor) nach dem deutschen Physiker Manfred Schroeder. Sein Aufbau besteht aus einzelnen Kammern (die Anzahl ist immer eine Primzahl) unterschiedlicher Tiefe, die jeweils durch eine dünne Wand voneinander getrennt sind. Ein Diffusorelement besteht zumeist aus einer vollständigen Abfolge (Periode) dieser Tiefen.
Vorteilhaft ist eine Modulation der Tiefe der einzelnen Abfolgen um Bündelungseffekte bei der Verwendung von mehreren Modulen zu verhindern. Auch Verschiebungen der Abfolge erweisen sich als positiv. Mit professionellen Simulationsprogrammen lassen sich diese Effekte berechnen / simulieren - wie auch die Diffusionseigenschaften bei der Kombination von unterschiedlichen Diffusorelementen. Der Verlauf der Diffusionseigenschaften über der Frequenz sieht optisch zwar weniger beeindruckend aus als eine "3D-Keulendarstellung" bei nur einer Frequenz, ist jedoch viel aussagekräftiger.
Für eine gute räumliche Darstellung ist eine möglichst tiefe untere Wirkfrequenz anzustreben. Kleiner 800 Hz gelten dabei als Mindestwert. Die - akustisch wirksame - Tiefe bestimmt maßgeblich die untere Wirkfrequenz von Diffusoren. Weiterhin sollte ein Diffusor ein möglichst homogenes Streuverhalten aufweisen. In der Theorie ist ein QRD-7 Design von der Bandbreite prinzipbedingt auf 2,75 Oktaven begrenzt - bei optimalem Verhältnis aus Kammerbreite und akustisch wirksamer Tiefe. In der Praxis ergibt sich jedoch bei einer guten Auslegung ein Wirkungsbereich von über vier Oktaven. Dies ist breitbandig genug, um auch mit einem QRD-7 noch die empfohlene obere Wirkfrequenz von mindestens 4 kHz gut abdecken zu können. Diffusoren mit höherer Periodizität wirken zwar breitbandiger, besitzen jedoch bei gleicher akustisch wirksamer Tiefe leider eine höhere untere Wirkfrequenz. QRD-7 Diffusoren sind ein guter Kompromiss aus Wirksamkeit, Preis und Platzbedarf. Was am Ende wirklich zählt sind jedoch nicht die Werte eines einzelnen Diffusorelements, sondern die Diffusions- und Scattering-Koeffizienten der endgültigen Fläche bzw. das Zusammenwirken mehrerer Elemente.
Zu unterscheiden sind die eindimensionale (streut in einer Ebene) und die zweidimensionale Bauweise (streut in alle Richtungen).
Für Wandflächen ist ein 1-D Diffusor die bessere Wahl. Die Schallenergie soll in der Hörebene bleiben, und nicht wie bei 2-D Diffusoren in alle Raumrichtungen zerstreut werden, um dann im Endeffekt wieder im Decken- oder Bodenbereich absorbiert zu werden. Anzuraten sind 2-D Diffusoren allerdings an der Decke und an den Wänden im höheren Raumbereich oberhalb der Hörebene. In sehr kleinen Räumen auch an der Wand auf Hörebene. Zu diesem Thema sei Interessierten die Bücher von Floyd E. Toole sehr ans Herz gelegt. Ein 2-D Diffusor benötigt zudem eine deutlich größere Bautiefe um die gleiche untere Wirkfrequenz wie mit der 1-D Bauweise zu erreichen. Nicht ohne Grund werden in den meisten Tonstudios 1-D Diffusoren an der Rückwand verwendet und auch von den anerkanntesten Akustikern empfohlen.
Oft nicht erwähnt wird ein physikalisch bedingter Mindestabstand zum Diffusor. Der Schall braucht etwas Abstand um zu streuen. Je tiefer die untere Wirkfrequenz ist, desto größer ist auch der notwendige Mindestabstand. Normalerweise beträgt dieser ca. 1 bis 2 Meter (zwei bis dreifache Wellenlänge der unteren Wirkfrequenz). Einige Anbieter geben die untere Wirkfrequenz an und manchmal auch den dazugehörigen Abstand. Ein brauchbares Freeware-Programm um einen QRD-Diffusor grob nachzurechnen ist QRDude. Misstrauen ist angesagt, wenn ein Hersteller einen 10 cm tiefen 2-D Diffusor mit einer unteren Wirkfrequenz von 500 Hz bewirbt und durch das verwendete "Hightechmaterial" der Mindestabstand dann noch auf 0,2 m verringert werden konnte. So ein Super-Diffusor ist physikalisch einfach nicht möglich.
Ein akustischer Diffusor sollte aus einem schallharten Material bestehen, um nicht übermäßig stark als - möglicherweise schmalbandiger - Absorber zu wirken. Sperrholz und MDF sind gut verwendbar, EPS ist als Material eigentlich nicht optimal. An der Decke, über dem Köpfen, kann man aus Sicherheitsgründen sicherlich einmal eine Ausnahme machen. Auch mit einer zusätzlichen Lackierung lässt sich EPS auch nachträglich deutlich schallhärter machen. Diffusoren aus Sperrholz können bei zu geringen Wandstärken resonieren und damit den Klang verfärben. Technisch wäre ein Diffusor aus Beton oder Gips wahrscheinlich das Optimum, der Versand wohl aber problematisch. Klanglich bin ich mir nicht wirklich sicher, ob diese harten Materialien besser sind als Holz. Nach meiner Erfahrung tendieren Räume mit sehr harten Oberflächen fast immer zu einem (zu) analytischen Klangbild, unabhängig ob glatte Wände oder gut streuende Oberflächen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Hamburger Elbphilharmonie mit der "weißen Haut" aus 2D-Diffusorflächen aus Gips.
Bei einem stark begrenzten Budget, sind Bücher- oder Plattenregale im Hörraum eine Möglichkeit auf die nicht verzichtet werden sollte. Die Diffusion wird damit nicht besonders gleichmäßig sein und es wird ein hoher Anteil zusätzlicher Absorption hinzukommen. Dies ist jedoch immer noch deutlich besser als der Klang glatter Wände. Die Bücher und Platten sollten dabei nicht ordentlich nebeneinander stehen, sondern möglichst etwas chaotisch, damit unterschiedlich tiefe Flächen entstehen. Eine weitere günstige und gute Alternative zu den optimierten "Hochleistungsdiffusoren" sind konvexe Oberflächen aus gebogenen großen Holz- oder Hartfaserplatten, sogenannte Poly-Diffusoren.
Eine gute Diffusität des Hörraums wird häufig nur als letzter Schritt angesehen. Für mich ist es neben der Bassabsorption, die entscheidende raumakustische Maßnahme. Wie viel Diffusorfläche Sie bei der Optimierung der Raumakustik einsetzen sollten, ist hauptsächlich abhängig von der Raumgröße, optischen Gesichtspunkten und natürlich auch vom Budget. Ein typischer Wert für einen 20 qm Hörraum sind zwei bis drei qm Diffusorfläche - mehr kann sich aber nur positiv auf die Klangwiedergabe auswirken.
Die klassische Position für 1-D Diffusoren im Tonstudio ist die Rückwand (den Lautsprechern gegenüberliegend - hinter dem Hörer). Für den privaten Musikgenuss wird hingegen häufig die Frontwand zwischen den Lautsprechern bevorzugt. Zudem werden Diffusoren von mir auch oftmals an den Reflexionspunkten der Seitenwände empfohlen (nicht im Tonstudio) - anstelle von an dieser Stelle oft verwendeten porösen Absorbern. Bis auf die Raumecken - die für die Absorption der Bässe reserviert werden sollten - sind also viele Positionen für Diffusoren möglich.